Änderungen im Schuld- und Kaufrecht zum 01.01.2022

Das Jahr 2022 begann mit zahlreichen Veränderungen im deutschen Verbraucherrecht. Mit Gültigkeit für alle Verträge die nach dem 01.01.2022 geschlossen werden sind das Kaufrecht und das allgemeine Vertragsrecht betroffen.

Änderungen im Schuld- und Kaufrecht zum 01.01.2022

Das Jahr2022 begann mit zahlreichen Veränderungen im deutschen Verbraucherrecht. Im Zuge der Umsetzung der europäischen Warenverkaufsrichtline (WKRL) und der europäischen Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellungdigitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (DIRL) wurden neue Vorschriften im BGB geschaffen. Mit Gültigkeit für alle Verträge die nach dem01.01.2022 geschlossen werden sind das Kaufrecht und das allgemeine Vertragsrecht betroffen. 

Ziel dieser Reform ist die Modernisierung und Anpassung des Schuldrechts an die technologischen Entwicklungen der letzten zwei Jahrzehnte sowie eine Harmonisierung innerhalb der EU. Der Verbraucherschutz wurde in diesem Zuge aufgewertet.

Ab wann und für wen gilt das neue Kaufrecht?

Das neue Kaufrecht betrifft insbesondere Händler und Onlineshops, die an Verbraucher verkaufen, sowie Hersteller, die evtl. von Händlern in Regress genommen werden.

Die neuen Vorschriften sind am 01.01.22 in Kraft getreten. Folglich gilt das neue Kaufrecht lediglich für Verträge, die ab dem 01.01.22 geschlossen wurden. Für Verträge, die vor dem 01.01.22 abgeschlossen wurden gelten somit noch die alten Regelungen.

Was hat sich mit dem neuen Kaufrecht verändert?

Insbesondere das Gewährleistungsrecht hat sich erheblich geändert, von einer neuen Sachmangel-Definition bis hin zur Abänderung der Verjährung und der Beweislast.

Im Einzelnen beispielsweise:

Der neue Mangelbegriff § 434 BGB:

Bisher reichte es für Mangelfreiheit einer Sache aus, wenn die Sache die vereinbarte Beschaffenheit (subj. Anforderung) erfüllte. Erst wenn nichts zur Beschaffenheit vereinbart war kam es darauf an, ob sich die Sache für die gewöhnliche Verwendung (obj. Anforderung) eignete. Auch im neuen Kaufrecht wird noch zwischen dem subj. und der obj. Anforderung unterschieden. Allerdings ist das Stufenverhältnis zwischen der subj. und der obj. Anforderung weggefallen. Das bedeutet, dass jetzt alle Anforderungen kumulativ und darüber hinaus auch den Montageanforderungen entsprechen müssen.

Neue Gewährleistungsfrist:

Grundsätzlich beträgt die Verjährungsfrist für Mängelansprüche beim Warenkauf weiterhin 2 Jahre ab Ablieferung der Sache. Allerdings gibt es nunmehr sog. Ablaufhemmungen. Bei einem Mangel, der sich innerhalb der regulären Gewährleistungsfrist gezeigt hat, tritt die Verjährung erst 4 Monate nach dem Zeitpunkt ein, in dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat. Auch wenn der Unternehmer während der Verjährungsfrist einem geltend gemachten Mangel durch Nacherfüllung abgeholfen hat, sieht das neue Gesetzt eine Ablaufhemmung vor. Die Verjährung von Ansprüchen aufgrund des geltend gemachten Mangels tritt dann erst nach Ablauf von 2 Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die nachgebesserte Ware dem Verbraucher übergeben wurde.

Verschärfung der Beweislast:

Die Verlängerung der Beweislastumkehr bei Mängeln wird von bisher 6 Monaten auf 1 Jahr angehoben. Taucht somit innerhalb eines Jahres nach Gefahrübergang ein Mangel auf, wird vermutet, dass die Ware bereits beim Erwerb mangelhaft war. Trotz dieser gesetzlichen Vermutung muss der Käufer noch beweisen, dass der Mangel innerhalb eines Jahres aufgetreten ist und nicht auf normalem Verschleiß beruht. Auch kann die gesetzliche Vermutung weiterhin vom Verkäufer widerlegt werden, wenn dieser nachweisen kann, dass der Mangel durch unsachgemäße Behandlung verursacht wurde.

Erleichterte Rücktrittsmöglichkeiten:

Es verbleibt zwar bei der bisherigen Regelung, dass der Käufer zunächst lediglich einen Anspruch auf Nacherfüllung hat. Es entfällt jedoch bei Verbrauchergeschäften die bisherige Verpflichtung des Käufers eine Frist zur Nachbesserung zu setzen. Vielmehr ist nunmehr ausreichend, dass eine angemessene Frist verstrichen ist. Die Frist beginnt mit der Unterrichtung des Verkäufers durch den Käufer über den Mangel. Wenn der Unternehmer nicht binnen einer angemessenen Frist nacherfüllt, dass der Käufer vom Vertrag zurücktreten, auch ohne eine Fristsetzung.

Der neue Vertrag über digitale Produkte §§ 327 ff. BGB

Darüber hinaus gibt es nunmehr einen ganz neuen Abschnitt im BGB, der nun Verträge über digitale Produkte gesondert regelt (§§ 327 ff BGB). Diese finden lediglich für Verbraucherverträge Anwendung.

Unter einem digitalen Produkt ist die Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen zu verstehen. Ausführliche Erklärungen zu den neuen Regelungen würden den Rahmen sprengen. Wichtig ist jedoch insbesondere zu wissen, dass Unternehmen künftig verpflichtet sind, Aktualisierungen für den Zeitraum der üblichen Nutzungs- und Verwendungsdauer bereitzustellen und den Verbraucher über diese zu informieren.

Neuerungen im Verbraucherschutz § 475 ff. BGB

Die Anwendbarkeit der §§ 475 ff. BGB wird ab sofort an die Voraussetzung geknüpft, dass dem Verbraucher „klare und umfassende Informationen“ über die Nichtgeltung des Verbrauchsgüterkaufrechts „leicht verfügbar gemacht wurden“. 

Die ersatzlose Streichung der §§ 475 IV & V führt dazu, dass auch die einzigmögliche oder verbliebene Nacherfüllungsmöglichkeit verweigert werden kann. 

Nach § 475III 2 BGB n.F. ist im Verbrauchsgüterkaufrecht § 442 BGB unanwendbar. Das bedeutet, dass die Gewährleistungsrechte des Käufers bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht aufgrund Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Mangels ausgeschlossen sind.

Mit den §475 b ff. BGB wurden aufgrund des neuen digitalen Elements gem. §§ 327 ff BGB neue Normen eingefügt. Es gilt u.a. eine Verbraucherfreundliche Fristenregelung gem. § 475 d BGB sowie eine Sonderbestimmung für die Verjährung gem. § 475 e BGB.

Kündigungsbutton bei Onlineverträgen

Außerdem wird die Kündigung von online und langfristig abgeschlossenen Verträgen erleichtert, insbesondere durch die Vorgabe eines Kündigungsbuttons. Mit Wirkung ab 01.07.22 müssen Unternehmen, die Verbrauchern Dauerschuldverhältnisse anbieten, einen Kündigungsbutton einrichten, der Prominent und eindeutig bezeichnet für einen Mausklick zur Kündigung sichtbar ist. Über diesen Button muss der Verbraucher unmittelbar zu eine Bestätigungsseite geleitet werden, auf der er aufgefordert wird, notwendige Angaben zu machen. Die Kündigungsdetails sind dem Verbraucher sodann unverzüglich auf elektronischem Weg in Textform zu bestätigen.

Sofern eine solche Kündigungsschaltfläche nicht bereit steht, kann der Verbraucher jederzeit fristlos kündigen (§ 312 k VI BGB).

Darüber hinaus gibt es noch einige weitere Änderungen, z.B. zu der Garantieerklärung der Verkäufer oder den Regressansprüchen zwischen Verkäufer und Hersteller.

Die Änderungen können hier allerdings nicht vollständig dargestellt werden, da dies den Rahmen sprengen würde. Es handelt sich hierbei lediglich um einen Überblick einiger wichtigen Änderungen im Kaufrecht.

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Ann-Katrin Neumann

Rechtsanwältin

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